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Die Prothese 

ein technisches Wunderwerk mit einer langen Geschichte

Definition: Eine Prothese bezeichnet in der Medizin den Ersatz von Gliedmaßen oder Organen durch künstliche Produkte, die eine ähnliche Funktionsweise haben.

Man unterscheidet drei Arten von Prothesen:

  • Endo-Prothesen, die komplett im Körper sind, wie z.B. künstliche Kniegelenke
  • Exo-Prothesen, die komplett außerhalb des Körpers sind, wie z.B. Arm- oder Beinprothesen
  • Endo-Exo-Prothesen, bei der die Prothese im Körper verankert ist und durch die Haut nach außen führt. Siehe Osseointegration

Die ersten einfachen Prothesen für Gliedmaßen gab es schon im 20. Jahrhundert v. Chr. in Ägypten. Der Nachbau einer aus der Zeit um 600 v. Chr. stammende Prothese einer Großen Zehe, die in einer Mumie entdeckt worden war, erwies sich in Experimenten als funktionell. Nach anderen Angaben ist diese Zehenprothese in die Zeit um 950–710 v. Chr. zu datieren. 

Überlieferte Geschichten erzählen von einem Seher, der sich den Vorfuß abtrennte, um der Gefangenschaft und Hinrichtung zu entkommen, und sich später einen Holzfuß anfertigen ließ. Von der ältesten gefundenen Beinprothese, dem Stelzfuß von Capua aus der Zeit um 300 v. Chr., existiert nur mehr eine Kopie – das Original wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Der römische Offizier Marcus Sergius Silus soll um diese Zeit laut dem drei Jahrhunderte später lebenden Plinius eine eiserne Handprothese getragen haben. 

Die älteste in Fragmenten erhaltene Fußprothese Europas, aus dem 6. Jahrhundert, wurde 2013 in einem Grab in Kärnten gefunden. Der linke Fuß des Mannes von offensichtlich hohem sozialem Rang war unterhalb des Knöchels abgetrennt.

Im späten Mittelalter kamen passive, bewegliche Prothesen für die obere Extremität auf, die sogenannten Eisernen Hände, deren bekanntester Vertreter die jüngere Eiserne Hand des Ritters Götz von Berlichingen ist. Das Konstruktionsprinzip hielt sich bis ins 18. Jahrhundert. 

Für die Verwundeten militärischer Auseinandersetzungen zur Zeit der napoleonischen Feldzüge entwickelte der Mechaniker und Erfinder Johann Nepomuk Mälzel 1809 in Wien Fußprothesen. 

Die ersten willkürlich, also ohne Unterstützung der gesunden Hand, beweglichen Armprothesen entwickelten der Berliner Zahnarzt Peter Baliff (auch Ballif; 1775–1831) um 1812 und Margarethe Caroline Eichler 1836.[14] 

Mit dem Ersten Weltkrieg stieg der Bedarf an Prothesen für die oberen und unteren Extremitäten in Europa deutlich an, und damit auch die Neuentwicklungen. Führende Chirurgen wie Ferdinand Sauerbruch oder Konrad Biesalski erfanden Prothesen wie den so genannten Sauerbruch-Arm oder die Fischer-Hand, die wegen der Kosten jedoch nur wenigen Personen zur Verfügung standen. Der deutsche Unternehmer Otto Bock entwickelte erstmals Prothesen, die industriell hergestellt werden können.

Der zweite Weltkrieg brachte noch mehr Bedarf.

In den 1950er Jahren entwickeln Forscher aus Russland und den USA elektrisch gesteuerte Armprothesen. Elektroden greifen nun die Signale für die Steuerung direkt an den Muskeln ab. Die künstlichen Hände können so einfache Greifbewegung ausführen.

In den 1960er Jahren schafft eine zivile Katastrophe bisher ungekannten Bedarf: Das Schlafmittel Contergan. Tausende Kinder werden ohne oder mit verkrüppelten Gliedmaßen geboren. Es fließen Gelder in die Forschung und die wird nicht müde, neue Entwicklungen vorzustellen, die den Kindern helfen sollen. Darunter auch eine technologische Sackgasse wie die hydraulisch/pneumatischen Prothesen. Was anfänglich eine gute Idee war, wurde den Trägern am Ende zu laut. Pneumatische Prothesen sind wieder verschwunden. Stattdessen setzen die Prothetiker auf immer ausgefeiltere Elektronik in den Händen. 

Bis zur Erfindung des Computers im 20. Jahrhundert waren Holz-Leder-Prothesen noch gang und gäbe. Erst in den letzten 30 Jahren wurden mikroprozessgesteuerte Knie- und Handgelenke vermehrt eingesetzt.

Im Jahre 1990 wurde die erste Endo-Ex-Prothese einem beidseitig Oberschenkel-Amputierten durch Dr. Branemark implantiert. Die Idee an sich kam von der Zahnprothetik. Während in der Anfangszeit noch viele Komplikationen entstanden (Entzündungen, Keime, Brüche, etc.) birgt die Prothese heutzutage bei entsprechender Behandlung nicht mehr Risiko als jede andere Operation.

Durch die Kriegseinsätze der USA und den dadurch entstehenden verletzten Veteranen investiert das amerikanische Verteidigungsministerium hohe Summen in die Entwicklung und Forschung von Prothesen. Daher wird der Großteil der Prothesen-Forschung in den USA durchgeführt. Doch auch in Europa gibt es neben den „großen“ Herstellern Otto Bock, Össur und Endolite viele kleinere Firmen mit ausgezeichneten Prothesen. Immer mehr Unternehmen investieren in den Bereich der Orthopädietechnik mit dem erklärten Ziel irgendwann dieselben Funktionen wie die verlorene Gliedmaße zu erreichen bzw. das Leben der Anwender zu erleichtern. 

Bereits jetzt gibt es vereinzelt Muskel- und Gedankengesteuerte Prothesen, vor allem in der Armprothetik, diese sind allerdings noch in der Entwicklungsphase. Vor einigen Jahren wurde in Zusammenarbeit von Dr. Hubert Egger/FH Linz die erste Beinprothese mit fühlender Sohle hergestellt, die die Firma Saphenus in Wien markttauglich gemacht hat. Man nimmt generell an, dass zwischen der Entwicklung der funktionierenden Prothese und deren Markteinführung in etwa 8-10 Jahre vergehen. 

Eines der größten Probleme für Menschen, die eines Ihrer Gliedmaßen verlieren, ist die Finanzierung des Ersatzes. Denn Prothesen sind teuer und die Kosten werden weltweit nur in wenigen Staaten übernommen. Obwohl es in Österreich oft schwierig ist mit der Krankenkasse auf einen Nenner zu kommen, können wir uns trotzdem glücklich schätzen, dass wir Kosten bis zu 80.000-90.000€ nicht selbst tragen müssen.

Fotos: Beschreibung und Abbildung eines neuerfundenen künstlichen Fußes, zum Ersatze des Ober- und Unterschenkels (Caroline Eichler)

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