Nach der Amputation stellt sich oft die Frage: Kann ich noch Auto fahren, darf ich noch fahren und wie darf ich noch fahren? Oft herrschen Unsicherheiten, auch wegen der ev. Einnahme von Medikamenten.
1. Grundsätzliche Fahrtauglichkeit
Egal ob mit oder ohne Prothese, ob eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten besteht oder nicht, die Fahrtauglichkeit muss in jedem Fall beim jeweiligen Amtsarzt bestätigt werden.
2. Eignung zum Fahren eines Kraftfahrzeugs
Je nach Art der Amputation und/oder Erkrankung bedarf es ein paar Umstellungen, was das Fahren eines Fahrzeugs bedarf. Viele Reha-Einrichtungen arbeiten dabei mit lokalen Fahrschulen zusammen, die ein behindertengerecht eingerichtetes Auto besitzen. Dort kann man eine Überprüfungsfahrt machen, um die neuen Umstände zu lernen.
Grundsätzlich gilt – wenn nicht anders vom Amtsarzt bestätigt:
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- Fahren mit Automatik verpflichtend
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- Bei rechts Bein-Amputierten: Umbau auf Linksgas
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- Bei doppelt Bein-Amputierten: Handgas
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- Bei Armamputierten: Lenkrad-Knopf zur besseren Führung, ggf. Lenkrad-Schaltung
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- Weitere Adaptionen variieren je nach Art der zusätzlichen Erkrankungen
Bis vor wenigen Jahren gab es noch die Möglichkeit mittels Fahreignungsüberprüfung Ausnahmegenehmigungen für das Fahren mit Schaltung, Prothese auf Pedalen, Rechtsgas, etc. zu bekommen. Diese wurden allerdings mittlerweile aufgehoben!
Achtung! Grundsätzlich ist es nicht erlaubt, mit den Prothesen Pedale zu bedienen. Uns ist aber bewusst, dass viele Menschen mit Amputation (vor allem mit Unterschenkel-Amputation) trotzdem auf diese Weise fahren. Haftungstechnisch könnte das zum Problem werden, sollte es zu einem Unfall kommen. Sollten es Fahrlehrer und Amtsärzte aus Unwissenheit bewilligen, sollte es im Bezug der Hilfsmittel-Nutzung haftungstechnisch keine Probleme geben. Gegebenenfalls ist aber ein Rechtsanwalt anzufragen.
Die sinnvollste Herangehensweise ist unserer Meinung nach wie folgt:
1. Überprüfungsfahr Fahrschule / ClubMobil
Wie schon erwähnt arbeiten viele Reha-Einrichtungen mit lokalen Fahrschulen zusammen. Bei der Reha-Anstalt Weißer Hof ist das zum Beispiel die Fahrschule Klosterneuburg. Dort kann man schon während der Reha-Zeit eine Überprüfungsfahrt arrangieren. Natürlich kann man diese auch in einer anderen Fahrschule machen, doch viele Fahrschulen haben kein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug.
Ein Verein, der sich auf das Fahren von Menschen mit Behinderung spezialisiert hat, ist der Verein Club Mobil. Dieser hat Zweigstellen in jedem Bundesland und wird von einer offiziellen Gutachterin geleitet, die ein hohes Ansehen bei den Behörden genießt. Zu diesem Termin sollte man zudem die Krankengeschichte bzw. Befunde mitnehmen. Dort kann auch jede Frage zum Fahren mit Handicap beantwortet werden.
Nach der Überprüfungsfahrt bekommt man einen Bericht, der dem Amtsarzt vorgelegt werden kann.
2. Besuch bei einem Facharzt (optional)
Je nachdem ob es zusätzliche Erkrankungen (z.B. Epilepsie, o.ä.) gibt, man chronischer Schmerzpatient (Phantomschmerzen) ist oder sonstige Medikamente einnehmen muss kann ein zusätzlicher Besuch bei einem Neurologen, Schmerztherapeuten, Internisten oder Orthopäden notwendig sein. Dieser spricht eine Empfehlung betreffend den Führerschein aus. Die Auskunft, ob man eine zusätzliche Bestätigung von einem Facharzt benötigt, kann ggf. die Fahrschule oder Club Mobil geben. Gegebenenfalls wird auch der Amtsarzt vor der Bewilligung nochmals eine Begutachtung durch einen Facharzt fordern. Um das Prozedere zu beschleunigen, ist es daher sinnvoll, schon vor dem Termin mit dem Amtsarzt notwendige Bescheide einzuholen. So spart man sich ev. einen zusätzlichen Termin bei ihm
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3. Termin Amtsarzt
Nachdem man alle notwendigen Dokumente beisammen hat, ist der Termin bei einem Amtsarzt der letzte Schritt für eine haftungstechnisch unbedenkliche Fahrt. In den meisten Fällen wird, wenn eine Fahrtauglichkeit vorliegt, nach der Abgabe der oben angeführten Dokumente der Bescheid einfach bewilligt. In sehr seltenen Fällen wird zusätzlich eine Computerprüfung verlangt.
Der Amtsarzt beauftragt die Führerscheinstelle nach dem Termin, etwaige Umbauten mittels Codezahlen in den Führerschein einzutragen und man erhält ggf. einen neuen Führerschein.
Achtung! Die Punkte 1 u. 2 sollten am besten vor einem Termin mit dem Amtsarzt erledigt werden. Es ist möglich, dass der Amtsarzt eine Fahrtauglichkeitsprüfung bei einer Fahrschule/bei Club Mobil anordnet. Da dies eine offizielle Order ist, wird ihm – im Gegensatz zu privat organisierten Überprüfungsfahrten – in jedem Fall das Ergebnis vorgelegt. Sollte dieses aus irgendeinem Grund negativ ausfallen, droht im schlimmsten Fall ein Führerscheinentzug!
Anmerkungen seitens des Vereins:
Wir maßen uns nicht an, die Fahrtauglichkeit, kognitiven Fähigkeiten oder notwendigen Fahrzeug-Umbauten von Einzelpersonen zu beurteilen. Dies ist nur eine Information, welche Auskunft über die notwendige Vorgehensweise gibt. Wir übernehmen keine Haftung für die Vollständigkeit der Informationen oder die Aktionen von Einzelpersonen.
Kontakt Club Mobil:
ClubMobil Fahreignung und Fahrsicherheit
Mobilität für Menschen mit Handicap
Edith Grünseis-Pacher
Neufahrnerstr 100
4614 Marchtrenk
0664 2133042
www.clubmobil.at
Termine für die Fahreignungsüberprüfung können via Website oder telefonisch gebucht werden und finden in jedem Bundesland statt.
Wir arbeiten derzeit daran eine Liste von Fahrschulen bereitzustellen, die Überprüfungsfahren für Menschen mit Behinderung anbieten.