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„Servus“ mein geliebtes Bein…!

Abschied nehmen ist ein wichtiger Prozess, um im neuen Leben anzukommen.


Wer bin ich ohne Arm? Ohne Bein? Was kann ich dann noch? Was heißt das neue Leben für mich? Das Leben, das ich so ja eigentlich überhaupt nicht will…!
Ein Teil von uns muss gehen. Für immer. Ein Teil von uns, der uns vollständig gemacht hat, im wahrsten Wortsinne ein Baustein, der zu uns und unserer Geschichte gehört, der uns begleitet hat – bis hierher. Nach der OP ist nichts mehr wie vorher. Dieser Arm, dieser Finger, dieses Bein ist nach dem Aufwachen nicht mehr da.

    Es hilft, wenn wir „Servus“ und „Danke“ sagen. Aber nicht nur wir selbst, auch unsere Angehörigen, unsere Eltern, Geschwister, Kinder und Freunde dürfen sich in Dankbarkeit und Liebe verabschieden.

    Ich habe hier für euch ein paar Rituale zusammengetragen, die euch beim Abschiednehmen unterstützen könnten:

    • Setzt euer Bein/euren Arm/euren Finger, … gedanklich in ein Schiff und lasst es fortsegeln. Sagt ihm, wofür ihr Dankbar seid, dass die Zeit gut und schön war und dass er jetzt gehen darf.
      Mein Schiff war aus Papier, ich habe mein Bein dort hineingelegt und hab es unseren Heimatfluss hinunterfahren lassen. Dann hab ich mit meinem Bogen einen brennenden Pfeil hinterhergeschickt und zugesehen, wie mein Bein sich mitsamt dem Schiff in Rauch auflöst…
    • Setzt euren geliebten „Baustein“ gedanklich auf eine Wolke und schickt ihn fort oder vergrabt ihn einfach liebevoll in der Erde.
    • Eine junge Frau hat mir erzählt, sie und ihre Familie hätten ihr Bein vor der OP angemalt, jeder hätte unterschrieben, der ein oder andere hätte darauf geschrieben, wofür er dankbar sei und dann durfte es gehen…
    • Wieder jemand anders hat mir von einer Abschiedsparty erzählt. Es wurden liebe Menschen eingeladen und es wurde ein Kuchen gebacken auf dem „Gute Reise!“ stand.
    • Vielleicht habt ihr noch die Möglichkeit, einen Gipsabdruck von eurem Bein/Arm anzufertigen, den ihr nachher anmalt, aufstellt, vergrabt oder einfach zerschlagt.
    • Macht ein Foto, verbrennt es, zerreißt es, schickt es fort mit einem Luftballon…
    • Oder ihr schreibt einfach eine Liste mit schönen Dingen/Erinnerungen. Und auch wenn euch euer Arm/Bein vielleicht jahrelang geschmerzt hat, es euch nicht möglich war, an einem normalen Leben teil zu nehmen, er hässlich aussah und ihr verspottet wurdet: Nehmt in Liebe Abschied!
    • Seid dankbar für alles Mögliche:
      Ich zum Beispiel habe mich bedankt für die Berge, die wir gemeinsam erklommen haben, die weiten Wanderungen, die wir gegangen sind, die Laufveranstaltungen, an denen wir teilgenommen haben, unsere Ski- und Klettertouren, dafür, dass er mich bei jeder Arbeit unterstützt hat, ich mit ihm über den Zaun springen konnte, er mich tanzen lies… Dafür, dass ich das Gras und den Sand auf seiner Fußsohle spüren durfte. Für die vielen Male, an denen ich gefallen bin und er mich wieder aufgerichtet hat. Für die Narben, die mich an jeden Sturz erinnert haben und die jetzt mit ihm verschwinden… Und dafür, dass er einfach schön war!

    Ich bin mir sicher, wenn ihr euch ein bisschen Zeit nehmt, fallen euch ganz wunderbare Rituale ein, die euch den Weg ein bisschen leichter machen!

    Eure Andrea

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